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Ausgabe 02/ 2005

Aktive Mitglieder: Johanna Massoth

Im Bürgerverein Gartenstadt, bei dem auch die Gartenstadt-Genossenschaft Mitglied ist, gibt es seit Jahren unter der Leitung von Frau Marie-Luise Zürcher eine Geschichtswerkstatt. Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte des Stadtteils Gartenstadt zu bewahren und den Bürgern zu vermitteln. So wurden im vergangenen Jahr u. a. einige Erinnerungen unseres Genossenschaftsmitglieds Frau Johanna Massoth im Gartenstadt-Journal veröffentlicht. Wegen des engen Bezugs zur Gartenstadt-Genossenschaft sind wir der Auffassung, dass die Erinnerungen von Frau Massoth, geb. Baus auch für alle unsere Mitglieder interessant sind, gemäß dem Motto: Nur wer seine Wurzeln kennt ...

Im Juli 1919 tat die kleine Johanna in der Hedwigsklinik ihren ersten Schrei. Behütet von den Eltern und mit drei Geschwistern wuchs sie im damals jungen Stadtteil Gartenstadt auf. Die erste Häuserzeile an der Waldpforte wurde 1912 gebaut. Die Moosgasse war ihr Revier. Bei unserem Besuch sprudeln ihre Erlebnisse nur so heraus. Die Grosseltern in der Waldstrasse 51 waren ein wichtiger Beziehungspunkt, der Blumenkorso, die Kriegsjahre, die Krankheit ihres Mannes, alles hat wieder große Bedeutung gewonnen.

Die Sozialdemokraten haben die Familie geprägt. Der Großvater Ludwig Baus war schon in jungen Jahren in der Arbeiterpartei. Er hatte eine Malerwerkstatt im Hof der Verwaltung der Gartenstadt-Genossenschaft, die sich Ecke Waldpforte/Waldstrasse befand. Dort war auch eine Schreinerei und Spenglerwerkstatt und der Kohlenhändler Bernhard befand sich ebenfalls dort. Bei ihm holte man sich den Zentner Kohlen, denn der Keller war selten voll. In der Schreinerwerkstatt gab
es zum Feueranmachen Säcke voll Späne. Immer wieder taucht im Gespräch der Großvater Ludwig Baus auf, dem die kleine Hanna sehr zugetan war. Er zog mit einem Handkarren durch die Gartenstadt, auf dem die Farbeimer, Trittleiter und anderes Handwerkszeug lagen und war für die Renovierung der Zimmer zuständig, aber auch die Wagen des Blumenkorso trugen seine Handschrift.


Von Styropor hatte man noch nie etwas gehört, so brauchte es viel Geschick und Fantasie, um z. B. den Lorelei-Felsen auf einem Wagen herzustellen. Er war auch als Kunstmaler sehr begabt, einige seiner Werke hängen noch im Wohnzimmer von Johanna Massoth. Und eines davon liegt ihr besonders am Herzen. Es zeigt die Rückseite von Haus Waldstrasse 51 und es sollte ihr das Heimweh vertreiben, während sie als junges Mädchen vier Jahre in Schleswig-Holstein war. Sie war dort als Kindermädchen engagiert, weil sie als 15-jährige in Mannheim keine Arbeit fand. Ohnehin war der Vater arbeitslos und die Mäuler zuhause mussten gestopft werden. Da konnte man keine Rücksicht auf die Gefühle und Heimweh eines jungen Mädchens nehmen.

Die Mutter trug durch Näh- und Schneiderarbeiten zum Unterhalt bei. Die „Grosskopfeten" haben alle in der Wotanstrasse gewohnt, Doktoren, Architekten. Dort waren ihre Dienste gefragt, aber auch in der Villa von Bopp und Reuther.

Nach ihrer Rückkehr aus Schleswig-Holstein verdiente die junge Johanna ihr Geld als Straßenbahn- Schaffnerin. Der Job war hart für das junge Mädchen und sie berichtet, dass sie noch andere Arbeitsplätze hatte. Sie landete schließlich beim Wettkampfsport, sie fuhr Kanu. Das brachte ihr einige Vergünstigungen und Erleichterungen. Im Dritten Reich wurde der Sport groß geschrieben.

In der Gartenstadt hinterließ diese schwere Zeit auch ihre Spuren. So erzählt Johanna Massoth, dass die Männer sonntags draußen auf der Treppe saßen in ihren weißen Hemden und dunklen Hosen und, wenn sie es sich leisten konnten, eine Zigarette rauchten. Ihr ist es, als wenn es heute gewesen wäre, als ein Diplom-Ingenieur vom Benz in SA-Uniform durch die Strassen ging. Überall hingen Fahnen heraus, es war Hitlers Geburtstag. Auf die Frage an den Vater, warum bei ihm keine Fahne hänge, hörte die kleine Johanna ihren Vater sagen: „Ich habe meine Gesinnung noch nie aus dem Fenster gehängt." Er blieb vier Jahre arbeitslos, mit Schwarzarbeit brachte er seine Familie über die Runden, obwohl dies unter Hitler strengstens bestraft wurde.


Die Amerikanertrauben mussten heraus

Eine Schizophrenie dieser Zeit war auch, dass die Weintraubenstöcke an der Außenwand des Elternhauses auf Befehl der Partei beseitigt werden mussten, nur weil sie den Namen „Amerikanische Trauben" trugen. Jedes Jahr hatte die Familie drei Zentner Trauben geerntet, aber nun mussten sie ausgehackt werden. Als Entschädigung gab es 8 Mark pro Stock.


Ein unvorsichtiges Wort bedeutete „Umerziehungslager"

Wie sehr diese Zeit die Menschen auch in der Gartenstadt geprägt hat, merkt man Johanna Massoth im Gespräch an. Sie erzählt von einer Begebenheit ihres Onkels Heiner, der beim Schachspiel im Gesellschaftshaus im Radio vom Einmarsch der deutschen Armee in Russland erfuhr.

Wegen seiner Bemerkung „Jetzt legt sich das Rindvieh' auch noch mit den Russen an", wurde er noch in der Nacht von der Gestapo abgeholt und in das Umerziehungslager Osthofen gebracht.
Die elterliche große Wohnung in der Freyastrasse war beinahe zu klein, um alle die ausgebombten Familienmitglieder zu beherbergen, die dort untergeschlupft sind. Es war schon schlimm, so Frau Massoth's Kommentar.

1949 kam ihr zukünftiger Mann mit einer schweren Kriegsverletzung nach Hause, 1954 wurde geheiratet.
Eine kleine Tochter vervollständigte die Familie.


Nach dem Krieg beim Benz im Büro

Johanna Massoth war 17 Jahre auf dem Büro beim Benz, ihr Mann war Polier bei der Firma Reiss aus Käfertal. Durch die Kriegsverletzung verschlechterte sich der Zustand ihres Ehemannes. Nach einem Unfall musste er seinen Beruf aufgeben. Er kam in der Versehrtenabteilung beim Benz unter, aber Schrauben sortieren und Nägel geradeklopfen war für den umtriebigen Mann keine Erfüllung. Später wurde ihnen die Leitung eines Schullandheimes bei Hindelang ange-boten, sie sagten beide zu, obwohl es eine sehr an-strengende Tätigkeit war. „Zwölf Jahre keinen Urlaub, aber es war schön, mit der Jugend zu leben und zu arbeiten."


Die Dynastie Baus

Es ist schwer, die mit der Gartenstadt eng verbundene „Dynastie Ludwig Baus" zu durchblicken, aber Johanna Massoth erklärt geduldig die Familienverhältnisse. Eine logische Konsequenz war somit, dass bei der Gründung des Bürgervereins ein Ludwig Baus das Amt des Kassierers übernahm.

Ihre Memoiren hat die aktive Johanna Massoth auch schon in Angriff genommen. 400 Seiten sind schon geschrieben, aber die Pflege ihres Mannes und sein Tod vor zwei Jahren haben eine Unterbrechung erfordert. Sie will zwar weitermachen, aber irgendwo ist ein Knoten, den es zu überwinden gilt.

Marie-Luise Zürcher, Gcschichtswcrkstatt