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Ausgabe 05/ 2005

Der erste Arzt der Gartenstadt

In unserer Februar Ausgabe hatten wir einen Bericht von Frau Marie-Luise Zürcher über Erinnerungen unseres Mitglieds Johanna Massoth an vergangene Zeiten in der Gartenstadt veröffentlicht. Frau Zürcher, die die Geschichtswerkstatt im Bürgerverein Gartenstadt leitet, hat uns nun erlaubt, einen weiteren Bericht wiederzugeben und zwar über den ersten Arzt in der Gartenstadt, Herrn Doktor Bodenheimer:

Im Herbst 1912 zogen die ersten Bewohner in die Häuser der Gartenstadt ein. Die Versorgung der Menschen musste garantiert, auch an die ärztliche Betreuung musste gedacht werden. Da kam das Angebot des Dr. Bodenheimer (geb. 27. Januar 1890 in Darmstadt), der gerne in der Gartenstadt praktizieren wollte, gerade recht. Er kam mit seiner Frau Dr. phil. Else (geb. 7. Februar 1883) von Heidelberg nach Mannheim. Zu Beginn des Jahres 1915 zog das Ehepaar von Neuostheim in die Gartenstadt, Westring 19. Drei Kinder, Ricka geb. 1915, Adolf Rudolf geb. 1917 und Peter Josef geb. 1920, kamen hier auf die Welt.

Es entwickelte sich ein lebhaftes Familienleben. Anfangs betrieb Dr. Bodenheimer im zweiten Stock eine Praxis, während er gleichzeitig Assistenzarzt im Krankenhaus war und im ersten Weltkrieg auch im Mannheimer Lazarett arbeitete.

Die Wohnverhältnisse waren überaus beengt, zumal Frau Dr. Bodenheimer auch noch Personal beschäftigte, das teilweise in Mansarden in der Nachbarschaft untergebracht wurde. 1918 zog Dr. Bodenheimer in seine eigene Praxis in der Waldstraße, seine Frau übernahm die kaufmännische Leitung. Nach dem Auszug der Familie Bodenheimer aus dem Haus Westring 19 zog dort das spätere Aufsichtsratsmitglied Lucas Fumic ein. Seine Tochter Anni Doss wohnt heute noch dort. 1925 hatte die Gartenstadt-Genossenschaft das Haus Am Grünen Hag 2 fertig gestellt, sodass dem Umzug der Familie Bodenheimer nichts mehr im Wege stand. Praxisräume und Privathaushalt wurden vereint, die Räume in der Waldstraße wurden aufgegeben.

Wie Dr. Herbert Anke (93) Sohn eines der beiden Gartenstadtarchitekten, Arno Anke, und wohnhaft Am Grünen Hag 16 also unmittelbarer Nachbar der Bodenheimers erzählt, kamen nach Schichtwechsel von Bopp und Reuther 30 bis 40 Patienten in die Praxis. Gerade in der Arbeiterschaft hatte er großen Zuspruch.

Dr. Anke erinnert sich gut an eine Episode, die er lachend erzählt: „Dr. Bodenheimer und die Hauskatze wurden von Frau Dr. Bodenheimer kurz gehalten. Die Katze entwischte durch den Garten zu Familie Anke, was sie oft genug tat. An einem Samstag zur Zwetschgenzeit wurde Bodenheimers Katze erwischt, als sie mitten auf dem frisch gebackenen Zwetschgenkuchen saß, der auf dem Tisch stand. Die Zwetschgen hingen ihr aus dem Maul und sie wollte keineswegs aus diesem Paradies vertrieben werden“.

Johanna Massoth, von der ich zum ersten Mal den Namen Bodenheimer hörte, hat nur Gutes zu berichten. Dr. Bodenheimer war ein großer, schlanker Mann, der immer mit dem Fahrrad unterwegs war. Oft bekam die Mutter nachts Herzanfälle, und die kleine Johanna rannte barfuss und im Nachthemd von der Freyastraße zum Grünen Hag, um Hilfe zu holen. Dr. Bodenheimer setzte die Kleine auf den Gepäckträger und radelte zur Patientin. „Er hat auch vielen Frauen geholfen“, verriet Johanna Maasoth. „Sie wissen, was ich meine“, fügte sie verschwörerisch hinzu. Anni Doss, Tochter des Nachmieters im Westring 19, des Werkmeisters Lucas Fumic erinnert sich gut an die Familie Bodenheimer, zumal sie im Haus Westring 19 mit der Tochter Ricka Bastelunterricht erhielt. Auch sie beschreibt Dr. Bodenheimer als gutmütigen, hilfsbereiten Menschen, der oft Patienten auch ohne Entgelt behandelte. Als Kind hatte sie nie Angst vor ihm, wenn er ihr die aufgeschlagenen Knie versorgte. Die Eltern verkehrten auch privat mit den Bodenheimers.

Dunkle Wolken zogen in der Gartenstadt auf, als im Januar 1933 Hitler an die Macht kam. In Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Gartenstadt-Genossenschaft kamen linientreue Nationalsozialisten ans Ruder. In den Vorstand wurde der Studienrat Dr. Friedrich Raupp und der Hochschulassessor Dr. Hermann Rössle berufen. Der langjährige Geschäftsführer Johann Kattermann musste gehen. Als sein Nachfolger wurde der Dipl.-Kaufmann Karl Hess eingestellt. Doch schon 1936 wurde er wegen Unterschlagung entlassen. Nach dem II. Weltkrieg musste er seine Schulden an die Genossenschaft zurückzahlen. Der jüdische Aufsichtsrat Dr. Otto Simon, seit Gründung der Genossenschaft im Aufsichtsrat, wurde durch den Landgerichtsdirektor Dr. Karl Gerard ersetzt.

Dr. Bodenheimer musste schon am 31. März 1933 seine Praxis aufgeben. Die Kassenzulassung wurde ihm entzogen. Auch das Haus Am Grünen Hag musste er mit seiner Familie verlassen. Dr. Bodenheimer wollte sich selbst töten, der Versuch blieb erfolglos. Anni Doss: „Der Mann war so verzweifelt, und damals, als er Hilfe brauchte, hat ihm keiner geholfen. Niemand ist ihm zur Seite gestanden, obwohl er der Bevölkerung soviel Gutes getan hatte“.

Im Mai 1933 verreisen die Eheleute, wohnen dann noch kurz im Luisenring 4, bzw. im Parkhotel am Friedrichsplatz und emigrieren dann nach Haifa (Palästina). Das Haus Am Grünen Hag 2 wurde von der Gartenstadt-Genossenschaft gegen Ende des II. Weltkriegs an den Arzt Dr. Klingen wohl aus finanziellen Gründen verkauft.

Ricka und Adolf waren am 1. Mai 1933 voraus gefahren. Die Eltern mit Sohn Peter folgten am 20. Juni. Während Ricka und Peter in Palästina blieben, absolvierte der älteste Sohn Adolf von 1941 bis 1945 englischen Militärdienst, machte dann eine Ausbildung in einer Hotelfachschule in der Schweiz und arbeitete später in Italien. Frau Doss erzählt, dass Adolf noch 1988/1989 an einem Schülertreffen teilgenommen hat, mit seinem Bruder Peter, der aus Haifa gekommen war, die Gartenstadt besuchte und sich im Haus Westring 19 aufhielt. Er war übrigens wieder nach Deutschland zurückgekehrt und betrieb ein Hotel in Frankfurt-Sachsenhausen. Anni Doss hielt noch losen Kontakt zu Adolf Bodenheimer, glaubt aber, dass er um 1990 verstorben ist.

Dr. Wilhelm Lion Bodenheimer war nach seiner Emigration medizinischer Leiter eines Sanatoriums in Tel Aviv. 1937 erfolgte die Einbürgerung in Palästina, 1949 ließ sich das Ehepaar scheiden. 1957 wurde Dr. Bodenheimer wieder in Deutschland eingebürgert, wohnte aber bis 1965 in Tel Aviv, wo sich seine Spuren verwischen.

Warum die ganze Geschichte aufleben lassen? Warum sich die ganze Arbeit, die vielen Recherchen durchführen? Dr. Bodenheimer lebte lange Jahre in der Gartenstadt. Er lebte mit den Menschen hier und hinterließ seine Spuren. Er gehört zur Geschichte der Gartenstadt. Er hat es nicht verdient, in Vergessenheit zu geraten. Wenn auch viele Fragen offen bleiben, die nicht mehr beantwortet werden können.

Marie-Luise Zürcher